Da saßen wir in unseren Kinderzimmern
und malten uns unsere Träume aus, nicht mit Buntstift, sondern so
unwiderruflich mit Filzstift, in bunt und so schön fröhlich. Wenn
ich einmal groß bin, dann werde ich Prinzessin, Zauberer oder
Schokoladenverkoster. Ganz unbeschwert und ohne wenn und aber wurde
formuliert, was uns glücklich macht, was wir träumen.
Und dann sind wir groß und pulsieren
im Takt des Stroms, begleitet von Hintergrundmusik a´ la „work
work work“. An den Kindheitsformulierungen wurde mittlerweile
´etwas´ gefeilt, denn sind wir mal ehrlich: nicht jeder kann den
ganzen verdammten Tag Schokolade essen ohne sie irgendwann über zu
haben, hat den perfekten Handgruß drauf, ohne eine
Sehnenscheidenentzündung davon zu tragen oder ist dazu geboren,
andere in waghalsigen Kunststücken zu zerstückeln, oder zumindest
so zu tun. Also ergreifen wir dann doch eher einer der
´gesellschaftsfähigen´ Berufe wie Arzt, Bänker oder, oder, oder.
Bei der Berufswahl spielt mittlerweile nicht mehr zwingend das
tägliche Glück eine Rolle, sondern das „Was kann ich damit
erreichen?“ und später dann sicher „Kann ich davon leben?“.
Und so gehen wir unseren Weg, in einem Beruf, der uns im besten Fall
im Großen und Ganzen zufriedenstellt und das einbringt, das wir zum
(Über)Leben glauben zu benötigen.
Und auf dem so schönen bunten Bild aus
dem Kinderzimmer finden sich noch ganz andere Träume: Mama, Papa,
Kind(er). Allesamt mit sechs Fingern an jeder Hand, Nikolaus-Schuhen
an und fragwürdigen Frisuren. Daneben ein Haus mit riesiger Tür und
bestenfalls zwei Fenstern, ein Baum, eine Blume, alles was auf der
kräftig grünen Wiese irgendwie Platz findet und der See im
Hintergrund. Wenn ich einmal groß bin, dann werde ich verheiratet
sein und mit meiner Familie in einem Haus am See wohnen. Umso älter
wir werden, wird auch an dieser Kindheitsformulierung etwas gefeilt:
Es werden Zeitpläne erarbeitet, genaue Vorstellungen vom Traumhaus
mit hunderten bodentiefen Fenstern formuliert und der Traummann
gebacken. Und dann sind wir irgendwie groß, vom Traummann ist weit
und breit keine Spur und eigentlich passt die Geschichte mit dem
Hausbau auch gerade nicht so in den Zeit- und schon gar nicht in den
Finanzierungsplan.
Immer weiter an den
Kindheitsformulierungen feilend rauschen die Jahre nur so an einem
vorbei. Bei einem Blick auf das Papier, stellen wir fest, dass das
schöne bunte Bild aus der Kindheit allmählich anfängt zu
verblassen, der See im Hintergrund bereits verschwunden ist und die
paar Wölkchen am ursprünglich sonnengelben Himmel mittlerweile den
Staub der Jahre anzunehmen scheinen. Da braut sich etwas zusammen.
Unzufriedenheit. Und da das Gefühl von Unzufriedenheit unerträglich
ist, schieben wir es bei Seite, dass uns schmerzlich erinnernde Bild
fliegt unachtsam in eine Ecke... wird wellig und immer blasser.
In einem sehnsüchtigen Moment kramen
wir das schöne bunte Bild unter dem Stapel von Plänen hervor und
stellen entsetzt fest, dass kaum noch etwas von dem schönen bunten
Bild übrig ist. In der Erinnerung daran, wird uns bewusst, dass es
eigentlich auch irgendwie gar nicht (mehr) zu uns und unserem
Erwachsenenleben passt. Da stehen wir nun, mit fünf Fingern an jeder
Hand, ohne Haus am See oder Familie und ohne jeden Tag aus
beruflichen Gründen Schokolade essen zu können. Und als ob das
nicht schlimm genug ist, stehen wir da auch noch in grau. Schließlich
sind wir jetzt groß und haben irgendwie nichts oder nur wenig von
dem umgesetzt, was wir uns einst fröhlich bunt ausmalten. Wir
stellen uns die Frage, wo unsere Träume und all die Farben nur
geblieben sind und haben das Gefühl, mehr oder minder gescheitert zu
sein.
Wenn ich einmal groß bin...
Die Körpergröße dürfte bei dieser
Formulierung wohl kaum eine Rolle spielen. Geht es doch eher um das
Verhältnis von Kindheit zum Erwachsensein. Und so bleibt, dass wir -
egal in welchem Alter - doch irgendwo das Kind von jemanden sind (und
immer bleiben werden). Was spricht also dagegen, dass Träume sich
verändern - manche verblassen, manche immer bunter werden? Wir sind
Erwachsen, ja und?! Wir haben vielleicht einfach nur verlernt,
sorglos und ohne wenn und aber zu formulieren, was uns glücklich
macht.
Holt die Filzstifte heraus, schnappt
euch ein neues Blatt und fangt (wieder) an zu träumen.
Malt euch eure Welt, wie sie euch in knallbunt gefällt. Dafür gibt es keine Altersgrenze und dafür ist es auch nie zu spät. Und wenn das schöne bunte Bild dann doch irgendwann nicht mehr passt, dann nehmt ein neues Blatt.
Malt euch eure Welt, wie sie euch in knallbunt gefällt. Dafür gibt es keine Altersgrenze und dafür ist es auch nie zu spät. Und wenn das schöne bunte Bild dann doch irgendwann nicht mehr passt, dann nehmt ein neues Blatt.